[Pressemitteilung] Weltkindertag 2021 AnkER-Zentren und Aufnahmeeinrichtungen: Kein Ort für Kinder – kein Ort für Niemanden!



Pressemitteilung, 18. September 2021   

Weltkindertag 2021

AnkER-Zentren und Aufnahmeeinrichtungen:

Kein Ort für Kinder – kein Ort für Niemanden!

Die Bedingungen in AnkER-Zentren und Aufnahmeeinrichtungen verletzen elementare Rechte von Kindern und ihren Familien. Die Aufenthaltsdauer in sogenannten Landeserstaufnahmeeinrichtungen ist deshalb auf maximal vier Wochen zu begrenzen und den Menschen muss schnellstmöglich der Zugang zu Wohnungen ermöglicht werden.

Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V. unterstützt gemeinsam mit terre des hommes, den Landesflüchtlingsräten, PRO ASYL, Jugendliche ohne Grenzen und über 100 weiteren Organisationen im Rahmen die bundesweite Kampagne „Kein Ort für Kinder“ (www.keinortfuerkinder.de). Die Forderung an die künftige Bundesregierung ist deutlich: der Aufenthalt für geflüchtete Kinder, Familien und Erwachsene in Erstaufnahmelagern muss auf maximal vier Wochen begrenzt werden.

Aufnahmeeinrichtungen und AnkER-Zentren sind kein Ort für Kinder und kein Ort für Erwachsene. Die neue Bundesregierung muss den Aufenthalt für geflüchtete Kinder, Familien und Erwachsene auf maximal vier Wochen begrenzen und für eine bundeseinheitliche Regelung sorgen. AnkER- und funktionsgleiche Einrichtungen, wie auch die Zentrale Aufnahmestelle in Halberstadt ZASt, sind Orte der Perspektivlosigkeit und der Angst – sie gehören abgeschafft. Statt Isolation und Entrechtung brauchen wir faire Asylverfahren und gleiche Rechte für alle Kinder, die in Deutschland leben.

Massenunterkünfte sind kein Ort für niemanden und schon gar kein Ort für Kinder! Viele von ihnen haben ihre Kindheit in Lagern verbracht, sind bereits lange auf der Flucht. Sie hoffen auf Schule, ein Zuhause und Sicherheit. Was sie dann aber in Deutschland erwartet, sind neue Lager, z.T. mit Stacheldraht“, so die Sprecherin des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt ,Christine Bölian.

Rechte von Kindern werden verletzt

Während ihres Asylverfahrens müssen Asylsuchende mittlerweile regelmäßig bis zu 18 Monate in Erstaufnahmeeinrichtungen, wie AnkER-Zentren und ähnlichen Einrichtungen, bleiben. Familien müssen bis zu sechs Monate dort leben. In diesen großen und oft abgelegenen Einrichtungen sind sie vom Rest der Gesellschaft isoliert und unterliegen Restriktionen wie Arbeitsverboten und Residenzpflicht. Kinder können meist weder die Regelschule noch reguläre Kitas besuchen und haben innerhalb der Einrichtungen kaum Platz zum Spielen und Lernen. Gleichzeitig erleben sie strukturelle Gewalt in ihrem direkten Wohnumfeld und müssen Abschiebungen und Polizeieinsätze miterleben. Was gegessen wird, bestimmt der Speiseplan in der Kantine. Selbstbestimmung? Fehlanzeige.

Unterstützung von außen wird verhindert

Weil die Einrichtungen oft abgelegen sind und der Zugang restriktiv gehandhabt wird, ist es für unabhängige Organisationen weitestgehend nahezu unmöglich, die Asylsuchenden zu unterstützen. Damit wird die Art der Unterbringung auch entscheidend für die Fairness des Asylverfahrens insgesamt. Teil des AnkER-Konzeptes ist eine verkürzte Zeit zwischen Ankunft und der Anhörung im Asylverfahren. Damit Menschen über erlittene Verfolgung, Gewalt und Demütigungen sprechen können, braucht es jedoch Zeit, Vertrauensaufbau und unabhängige Beratung vor der Anhörung. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, werden entscheidende Erlebnisse, z.B. sexualisierte Gewalt oder spezielle Fluchtgründe von Kindern, aus Scham oder Unkenntnis verschwiegen und Asylanträge werden trotz Gefahren im Herkunftsland abgelehnt.

Der Versuch der Bundesregierung, Ankunft und schnelle Abschiebungen räumlich in den AnkER-Zentren miteinander zu verbinden, steht in Widerspruch zu den tatsächlichen Schutzansprüchen der Asylsuchenden. Über die Hälfte der Antragstellenden wurde im Asylverfahren ein Schutzstatus zugesprochen. Auch viele zunächst abgelehnte Schutzsuchende bleiben langfristig in Deutschland, da Gerichte falsche Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge korrigieren oder humanitäre und familiäre Gründe gegen eine Abschiebung vorliegen.

Wir fordern:

  • Der Aufenthalt in Erstaufnahmeeinrichtungen muss auf wenige Wochen begrenzt werden, damit geflüchtete Kinder, Jugendliche und Erwachsene schnellstmöglich in Städten und Kommunen ankommen können. Hierzu ist eine Änderung von § 47 AsylG notwendig.
  • Die neue Bundesregierung muss für qualitativ hochwertige Asylverfahren einschließlich unabhängiger Unterstützung und Rechts- und Verfahrensberatung sorgen.
  • AnkER-Zentren und funktionsgleiche Einrichtungen müssen abgeschafft werden.
  • Enge, Lärm, kein Platz zum Spielen und Lernen, Miterleben von Gewalt und Abschiebungen – darunter leiden viele Kinder auch in Gemeinschaftsunterkünften. Die Unterbringung in Wohnungen muss daher Vorrang vor der Unterbringung in Sammelunterkünften haben. § 53 AsylG muss entsprechend geändert werden.

Zum Weltkindertag am 20. September finden bundesweit zahlreiche Aktionen, Demonstrationen und Veranstaltungen statt, mit der zentralen Aktion am Sonntag, dem 19. September um 14 Uhr vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Eine Woche vor der Bundestagswahl soll damit auf die untragbare Situation in AnkER-Zentren und Aufnahmeeinrichtungen aufmerksam gemacht werden.

Informationen zum Aktionstag:
https://keinortfuerkinder.de/aktionstag/

 

Anlage: Plakate demokratischer Parteien im Bundestagswahlkampf, die wir uns wünschen würden..

Infos zur zentralen Aktion in Berlin (19.9., 14 Uhr):

https://keinortfuerkinder.de/veranstaltung/aktion-vor-dem-brandenburger-tor/

Aufruf und Liste der Unterzeichnenden:
https://keinortfuerkinder.de/aufruf/

 

Die folgenden weiterführenden Materialien sind hier zu finden: https://keinortfuerkinder.de/mitmachen/

 

Hintergrundinformationen:

Kein Ort für Kinder. Zur Lebenssituation von minderjährigen Geflüchteten in Aufnahmeeinrichtungen. Recherche von terre des hommes.   PDF downloaden

Menschenrechte zählen! PRO ASYL-Broschüre mit flüchtlingspolitischen Forderungen zur Bundestagswahl 2021.   PDF downloaden

Schattenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bezug auf geflüchtete Frauen und Mädchen in Deutschland. Studie von PRO ASYL, Flüchtlingsräten und Uni Göttingen.   PDF downloaden

Die Situation in den Bundesländern. Über die Landesflüchtlingsräte kannst du erfahren, wie die Situation bei dir vor Ort ist.   Website besuchen

Lager-Watch. Lokale Gruppen, die für Wohnen statt Sammelunterkünfte streiten findest du hier.   Website besuchen

 

PM zum Download:   210918_PM_Weltkindertag_AnkER-Zentren und Aufnahmeeinrichtungen sind kein Ort für Kinder


Pressekontakt:
Flüchtlingsrat
Sachsen-Anhalt e.V., Christine Bölian, info@fluechtlingsrat-lsa.de, 0157 85085994.

 



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