Gegen den Leiter des Ausländeramts Saalekreis liegen schwere Vorwürfe wegen Amtsmissbrauch vor. Das Arbeitsverhältnis mit der Kreisverwaltung wurde im Einvernehmen beendet. Vom Landkreis werden bisher keine Signale in Richtung Aufklärung gesendet.
Der Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt fordert eine lückenlose, strukturelle Aufarbeitung und Unterstützung für die geschädigten Klient*innen des Amts.
In Medienberichten wurde bekannt, dass gegen den Leiter des Ausländeramts Saalekreis, Jan Rosenstein, Vorwürfe wegen Amtsmissbrauch, der Verwendung von NS-Symbolik und Belästigung im Rahmen seiner Arbeit erhoben wurden. “Dass sich der Landkreis von Rosenstein trennt ist eine folgerichtige Konsequenz. Wir gehen davon aus, dass dem Landkreis eindeutige Beweise dazu vorliegen.”, erklärt Cynthia Zimmermann, Sprecherin des Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt. “Wir befürchten, dass der Aufhebung keine Aufklärung folgt. Wenn der Landkreis nichts tut, wird der Schaden nur noch größer.”
Auf Anfrage der dpa gab der Landkreis zu, dass Rosensteins dienstliches Postfach nicht mehr aktiv sei und demnächst gelöscht werde. “Mit der Löschung der Daten würde sich der Kreis dem Verdacht der Vertuschung aussetzen. Die dienstlichen Mails müssen für die Aufarbeitung sichergestellt werden. Im Zuge einer eventuellen Strafverfolgung wären sie wichtige Beweismittel. Es entsteht so zunehmend der Eindruck eines schlechten Versuchs der Deckelung von skandalösem Fehlverhalten.
Immer wieder tragen geflüchtete Menschen und Unterstützer*innen Beschwerden über den Landkreis und über das Ausländeramt an den Flüchtlingsrat. Besonders die Entscheidungspraxis der Behörde steht seit Jahren in der Kritik. “Ihr restriktives Handeln bewegt sich oftmals am äußersten Rand des rechtlich Möglichen. Juristisch absolut kontroverse Entscheidungen bekommen im Saalekreis von Amts wegen keine schriftliche Form. So wird es den Klient*innen kaum möglich gemacht, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Ihr Umgang mit Klient*innen zeigt häufig eine abweisende bis rassistische Haltung.”, beurteilt die Sprecherin des Flüchtlingsrats.
So klagen arbeitende Bewohner*innen der Sammelunterkünfte darüber, dass sie zwischen 350 bis 500 € für einen Schlafplatz im 14 Quadratmeter großen Doppel- oder Dreifachzimmer bei Nutzung von Gemeinschaftsküchen und -bädern zahlen müssen.
“Sowohl die Transparenz über die Aufschlüsselung der Kosten oder eine Korrektur der Beträge wird diesen Bewohner*innen vom Ausländeramt und der Betreiberfirma seit Jahren verwehrt.” so Zimmermann.
“Ein Beispiel, an dem Schikane deutlich wird, sind Anzeigen wegen Visumsmissbrauch seitens der behördlichen Entscheidungstragenden gegen ihre Klient*innen, die eine Niederlassungserlaubnis beantragen.” Wer diese Erlaubnis beantragt, lebt seit Jahren in Deutschland. In aller Regel laufen diese Anzeigen ins Leere, halten aber den Prozess der Aufenthaltssicherung extrem auf.
Diese Beispiele zeigen, dass hier kein „Ein-Personen-Problem“ vorliegt, sondern ein strukturelles. Vor diesem Hintergrund, angesichts der beängstigenden Belastungen zur Personalie Rosenstein verbunden mit der Brisanz der behördlichen Ermessensentscheidungen, fordert der Flüchtlingsrat eine konsequente Prüfung der lokalen Strukturen, transparente und weitreichende Aufarbeitung und ggf. eine Neubewertung von behördlichen Entscheidungen im Sinne aller betroffenen Klient*innen.
Zimmermann resümiert: “Seit Jahren leisten Aktivist*innen mit und ohne Fluchterfahrung_en eine immense Aufklärungs- und Begleitarbeit, indem sie mit Betroffenen auf diese Probleme aufmerksam machen. Ihre Berichte sowie die Erfahrungen der Betroffenen müssen endlich ernst genommen. Sie müssen in den Aufarbeitungsprozess einbezogen werden! Zudem sollte allen Klient*innen, die unter Druck gesetzt, schikaniert und belästigt worden sind, Unterstützung zuteil werden. Bei der Neubesetzung von Stellen in dem Amt ist besondere Sensibilität wichtig.“
Der Flüchtlingsrat appelliert an den Landkreis, die Chance an dieser Stelle zu nutzen, die Aufarbeitung und die Unterstützung von Betroffenen sicher zu stellen.”
Pressekontakt: Cynthia Zimmermann | 0176 47 60 08 13 | info@fluechtlingsrat-lsa.de